Sonntag, 12. Juli 2015

André Franell ⇒ Ohne Sessel


Ohne Sessel, aber dafür mit Kino

Vor dem Umbau des Teltower Diana-Lichtspielhauses wird dort noch einmal gefeiert und geschraubt.

Teltow - Es ist die letzte Chance für ein einmaliges Erinnerungsstück: Am morgigen Samstag werden die alten Kinosessel des früheren Lichtspielhauses Diana in Teltow für einen guten Zweck verkauft. Das sagte der neue Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes, der Kaufmann André Franell, den PNN. Mit der Aktion will der 43-jährige Berliner Platz für den Umbau des zuletzt leer stehenden Kinos am Rande der Altstadt schaffen. Entstehen soll ein Restaurant im Landhausstil samt Hotel und Biergarten. Die Stühle müssen selbst abgeschraubt und dürfen gegen eine Spende mitgenommen werden.

„Sie sind ein bisschen dreckig, aber noch immer sehr bequem“, sagt Franell und lässt sich wie zum Beweis in einen der breiten blauen Sessel fallen. Zuletzt haben hier vor acht Jahren Gäste drin gesessen, dann fiel mangels Besuchern der vorerst letzte Vorhang des mit 230 Plätzen ausgestatteten Dianas. Nun könnte er sich wieder öffnen.

„Der Betreiber des Restaurants möchte die Bühne erhalten“, sagt Franell. Sie soll für Kino-, Theater- und sonstige Veranstaltungen genutzt werden. „Bestimmt einmal in der Woche werden hier wieder Filme gezeigt.“ In Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden sollen die Umbauarbeiten so schnell wie möglich beginnen. Dort, wo im vorderen Gebäudeteil einst ein Cafè eingerichtet war, könnte schon ab September 2015 wieder Essen serviert werden. Auch im alten Kinosaal werden dann Tische und Stühle stehen. Neuer Mieter soll aller Voraussicht nach die Berliner Restaurantgruppe Tomasa werden. Sie betreibt unter anderem im nahen Berlin Zehlendorf ein Restaurant.

Um mehr Licht in das 1936 erbaute Lichtspielhaus zu bekommen, sollen die alten Film-Schaukästen an der Potsdamer Straße Fenstern weichen. Der Boden des Kinosaals soll begradigt und die Decke heruntergesetzt werden, um darüber Platz für zehn Hotelzimmer zu schaffen. Fünf der Zimmer sollen im Maisonette-Stil eine Treppe ins Dachgeschoss erhalten.

An der äußeren Form des Kinos soll sich nicht viel ändern: Neue Dachfenster und breite Gauben sollen für Platz und Licht in den oberen Etagen sorgen. Das Wandbild an der Front des Hauses mit der aus der römischen Mythologie stammenden Jagdgöttin Diana soll erhalten bleiben, ebenso die anderen Fassadenbilder. Unter den hohen Bäumen vor dem Kino wird es einen Biergarten geben.

Zuletzt stand das Diana am Puschkinplatz seit dem Jahr 2006 leer. Scheiben wurden eingeschlagen, die Wände beschmiert, sogar ein Obdachloser soll sich dort zeitweise eingerichtet haben. Immer wieder hatte das Ordnungsamt die Anliegerpflichten beim damaligen Eigentümer angemahnt. Ende 2011 nahm sich die Stadt des Schandflecks an, kaufte das Kino und schrieb es anschließend aus. Dort selbst ein Kulturzentrum zu entwickeln, lehnte das Rathaus ab. Im Frühjahr dieses Jahres wurde dann ein Käufer gefunden. In etwa sechs Wochen soll der Verkauf an André Franell amtlich sein.

Der Berliner, der in der Teltower Altstadt derzeit auch ein Sechs-Familien-Haus bauen lässt und zuvor unter anderem in Berlin einen ehemaligen Plattenbau zur Ferienwohnanlage ausgebaut hat, sieht das Diana als langfristige Investition. Wenn alles klappt, sollen die Arbeiten an Dach und Fassade bis Herbst abgeschlossen sein. Anschließend kann im Inneren gebaut werden.

Dann unter anderem auch an den Hotelzimmern, die die Berlinerin Silja Brügers an Berlin- und Potsdamtouristen sowie Geschäftsreisende vermieten will. Die Lage des Kinos sei ideal, mit Busverbindungen nach Berlin-Mitte, zur S-Bahn in Teltow und dem Flughafen in Schönefeld, sagt Brügers. „Klein, aber fein, mit viel Liebe zum Detail“, soll ihr kleines Hotel werden, in dem sich das Thema Kino unbedingt wiederfinden soll. So stehen heute noch ein alter Projektor und ein paar Filmrollen im Vorführraum . „Es ist erstaunlich, wie viele sich für das Kino interessieren“, erzählt Brügers. Bei Treffen mit Architekten sei sie immer wieder von Passanten angesprochen worden. „Die Teltower freuen sich, dass das Diana aus dem Dornröschenschlaf geholt wird“, sagt sie.

Wer einen Blick in das noch verwunschene Gebäude werfen will, kann das am morgigen Samstag zwischen 12 und 14 Uhr tun. Dazu gibt es Musik der Gruppe „Dirk & Friends“ sowie Grillwürste, Bier und Softdrinks. Alle Einnahmen – auch aus dem Verkauf der Kinosessel – werden im Anschluss einer Teltower Kita gespendet.

Tobias Reichelt

veröffentlich von: www.pnn.de